„Ich brauche mein Leben!“

„Ich brauche mein Leben!“. Dies war mit Sicherheit einer der signifikantesten Sätze, den wir am 09.11. von Teklu gehört haben. Teklu ist ein 26 Jahre alter Eritreer,  er kam vor drei Jahren mit der Hoffnung auf ein freies Leben nach Deutschland. In seiner Heimat lebte er zusammen mit seiner Familie in einem Dorf nahe der sudanesischen Grenze und arbeitete dort als Englischlehrer. Seine Flucht in ein sicheres Leben bedeutete für ihn jedoch ein Abschied für immer von den Menschen, die er liebt.

Auf seine ganz eigene eindrucksvolle Art erzählte Teklu uns von seiner Flucht und vor allem auch von seinen Fluchtgründen. Auf dem Papier sei Eritrea nämlich ein demokratischer Staat, in der Wirklichkeit sehe dies jedoch ganz anders aus. Neben fehlender Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit, führen besonders willkürliche Verhaftungen, Tötungen, gezielte Aktionen gegen Oppositionelle und eine lebenslange Wehrpflicht zu einer sehr unruhigen Situation in Eritrea.

Teklu begann seine Flucht zusammen mit drei anderen Lehrern und ihr erstes Ziel war der Sudan, dort landeten sie in einem Flüchtlingscamp des DRK´s. Bereits hier gab es für die Vier kein zurück mehr in ihre Heimat, da sie illegal auswanderten und direkt inhaftiert werden würden, sobald sie wieder in Eritrea wären. Vom Flüchtlingscamp aus fuhren sie mit Pick-Ups in die Hauptstadt Khartum und von da aus weiter nach Libyen. Die Fahrt dauerte fast eine Woche und führte durch die Sahara. Bei ca. 40 Grad standen den Flüchtlingen höchsten drei Flaschen Wasser pro Tag zur Verfügung, allerdings wurde dieses von den Soldaten mit Benzin versetzt, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge mehr trinken. „Viele wurden auf der Fahrt schwer krank, alle hatten Hunger und wir verbrannten [durch die glühende Sonne]“.

Nach der grausamen Fahrt wartete allerdings noch der gefährlichste Teil der Flucht auf Teklu, der nie das Schwimmen lernte. Mit zitternden Händen erzählte er uns davon, wie er mit ca. 300 anderen Flüchtlingen auf einem Schlauchboot, dessen Motor immer wieder ausging, mindestens 7 Stunden auf dem Mittelmeer fuhr, bis sie von einem italienischen Rettungsschiff aufgegriffen worden sind.

Nach fast sechs Monaten Flucht voller Angst, Ungewissheit und Qualen erreichte er Deutschland und betrat in München das erste Mal deutschen Boden. Erleichtert und total erschöpft fing er ohne zu zögern damit an, sich selbst Deutsch beizubringen, um sich schnellstmöglich neue Perspektiven zu eröffnen. Eine dieser Perspektiven und Träume ist es eine Ausbildung zum Krankenpfleger zu machen. Und wir alle drücken ihm die Daumen, dass er eine Ausbildungsstelle bekommt!

Zum Ende unseres sehr ergreifenden Gespräches richtete Teklu noch eine Bitte an uns: „Habt keine Angst vor dunkelhäutigen Menschen, wir sind nicht alle gleich. Genauso wenig wie ihr!“ Das sollten wir uns glaube ich alle zu Herzen nehmen und darüber nachdenken, wie jeder von uns zu einer gelungenen Integration beitragen kann.

Im Namen des gesamten Deutschkurses de915 von Frau Korte möchte ich mich in aller erster Linie bei Teklu und seinem Freund Saymon bedanken, dass sie bereit dazu waren, mit uns über ihre Vergangenheit, Hoffnungen und Ziele zu reden! Ich glaube, dass dieses Gespräch für uns alle eine ganz besondere Begegnung war, denn neben all den negativen Schlagzeilen zum Thema Flüchtlinge haben wir einen Eindruck davon bekommen, wie positiv Integration verlaufen kann!

Jedoch muss auch ein ganz großer Dank an Herr Buhr, dem Vater einer Mitschülerin, ausgesprochen werden, da ohne ihn der Kontakt zu Teklu nie zustande gekommen wäre!

 

 

Fotos: Christine Korte

Text: Ann-Christin Albinus

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