Freya forscht – Korallen im Schlafzimmer

Bericht zu meinem Jugend-forscht-Projekt – Freya Stroman

Ein Forschungsprojekt? Das stellt man sich meistens so vor: in einem geheimnisvollen Labor werden bunte Flüssigkeiten in unterschiedliche und merkwürdig geformte Reagenzgläser gefüllt, irgendwo steigt bedrohlich Rauch auf und irgendetwas explodiert immer. Und solche Experimente machen natürlich auch nur verrückte Wissenschafts-Nerds, die mit wichtiger Miene, weißem Kittel und Schutzbrille auf der Nase umherlaufen und die ganze Zeit komplizierte Formeln vor sich hinmurmeln – es hat immer was mit Mathematik, Chemie und so zu tun.

Naja, so ganz war es bei mir nicht – ehrlich gesagt nicht mal ansatzweise. Ich habe meinen Versuch nicht in einem Labor, sondern in meinem eigenen Zimmer gemacht. Und bunte, gefährlich aussehende Flüssigkeiten waren es natürlich auch nicht; es waren zwei kleine Korallen in einem Aquarium. Ganz zu schweigen von dem Rauch und der Explosion – das hätte bestimmt ganz schönen Ärger von meinen Eltern bedeutet. Da sind Korallen auf jeden Fall geeigneter. Und komplizierte Formeln mit Wörtern, von denen nicht mal wusste, dass es die gibt, habe ich auch nicht vor mich hingemurmelt. Ich weiß, das am Anfang klang echt krass, aber das heißt nicht, dass mein Versuch nicht mindestens genauso spannend war – auch wenn Korallen nicht so viel „machen“.

Also: worum ging es überhaupt?

Da ich mich sehr für Meeresbiologie interessiere, war mir auch die Meeresversauerung bekannt: diese entsteht, wenn sich das Meerwasser zunehmend erwärmt und der pH-Wert, der Säuregrad des Wassers, sinkt – durch den Klimawandel zum Beispiel. Das ist dann sehr gefährlich für die Korallen, weil sie ausbleichen und sie dann keinen Lebensraum mehr für Tiere wie Fische bilden. Ein trauriges Beispiel ist das Great Barriere Reef im Pazifik vor der Nordostküste Australien, denn dort sind riesige Flächen des Riffes vollständig ausgeblichen. Ihr Kalkskelett ist ganz nackt und man sieht nur weiße Äste, die aus dem Grund ragen – dies ist bei Steinkorallen so. Aber wie sieht´s bei Weichkorallen aus? Genau das habe ich mich gefragt und wollte das, was durch den Klimawandel passiert, in einem Aquarium nachspielen. Mein Plan war also, mit sehr verdünnter Citronensäure den pH-Wert, der eigentlich bei ca. 8 bis 8,2 liegt, alle zwei Wochen auf schlussendlich fast 7 zu senken. Währenddessen wollte ich die Korallen genau im Auge behalten und immer aufschreiben, was sich verändert hat. Und da ich keine Aquaristin oder Meeresbiologin bin, habe ich mir Unterstützung von dem Meeresbiologen Severin Korfhage geholt, der bei Aquadesign, einem Aquaristikladen, in Oldenburg arbeitet und mir während meines Versuchs geholfen hat.

Aber was braucht man für solch einen Versuch und woher bekommt man sowas?

Klar, ich brauchte ein Aquarium und natürlich Korallen. Das Aquarium habe ich von der Hochschule in Emden bekommen, weil meine Mutter dort arbeitet. Für die Strömung wie sie im Meer auch herrscht habe ich eine kleine Pumpe (rechts im Bild) und für die Temperatur von 25° C einen Heizstab (links hinter der Weichkoralle) sowie kanisterweise Salzwasser von Aquadesign in Oldenburg gekauft. Um die Temperatur überwachen zu können, habe ich ein kleines Thermometer (im Vordergrund) benutzt. Severin hat mir freundlicherweise seine eigene Fotosyntheselampe ausgeliehen, da bei meinem Aquarium keine dabei war und die Korallen schließlich auch Licht brauchen. Jetzt fehlten nur noch die beiden Korallen; links im Bild sind die Weichkoralle und rechts die Steinkoralle. Außerdem noch Nährstofftests wie Calcium, da diese Nährstoffe nicht nur sehr wichtig für die Korallen sind (wie Nahrung), sondern auch für mich entscheidend waren: ich musste aufpassen, dass nur der pH-Wert und nicht die anderen Werte verändert werden – sonst könnte ich den Versuch nicht richtig auswerten.

Nun ging es los: aus Oldenburg habe ich am 27.02. die Korallen, das Salzwasser und die weiteren Materialien abgeholt und mich total gefreut. Alles schien perfekt – ich hätte schon misstrauisch werden sollen – und den Korallen ging es super.

Tja, und dann kam es, wie es natürlich kommen musste: die erste Hürde namens Grünalge. Diese sind eigentlich in Aquarien mit anderen Lebewesen normal, aber da mein Versuch nicht unter Normalbedingungen mit Fischen und Co. stattfand, waren die Algen für meinen Versuch gefährlich. Diese „ernähren“ sich nämlich von den Nährstoffen im Wasser, die für die Korallen wichtig sind. Kurzum, nachdem Severin und ich die ersten Algen für nicht weiter bemerkenswert fanden, hat sich die Grünalge explosionsartig vermehrt:

Um zu verhindern, dass die Algen die Korallen befallen, habe ich also die 20 L Wasser herausgeholt, das Aquarium gesäubert und neues Wasser hineingegeben. Jetzt sah das Aquarium wieder gut aus und die Korallen konnten sich erholen. Zusätzlich habe ich noch eine verdünnte Nährstofflösung hinzugegeben, um die Korallen zu unterstützen.

Gut, dachte ich, das war jetzt bestimmt die einzige Hürde. Und wieder: falsch gedacht! Denn ich habe borstigen Besuch bekommen, nämlich von einem Borstenwurm. Dieser lebt auch in den Aquarien in Aquadesign, dort gibt es allerdings – im Gegensatz zu meinem Aquarium – Fischfutter für die Tiere im Aquarium, von dem sich der Wurm ernährt. Leider gab es für ihn in meinem Aquarium kein Fischfutter und er ist auf das Gestein unter der Weichkoralle und sie selbst ausgewichen – zum Leid der Koralle.

Ich musste ihn also so schnell wie möglich von der Koralle nehmen. Und das war komplizierter als ich vermutete: da er nur in der Dunkelheit herausgekrochen kam, musste ich abends waren, bis ich schnell das Licht anknipsen und ihn mit einer Pinzette herausnehmen konnte.

Die Weichkoralle hat etwas gelitten, denn sie zog sich sehr zusammen und wurde blass. Für meinen Versuch war das natürlich nicht gut und ich musste dafür sorgen, dass es der Koralle wieder gut geht. Zum Glück hat sie sich wieder erholt, blieb aber blass.                                                                                                                                                                              

So, jetzt aber! Ich habe nicht nur fast jeden Tag wie ab Versuchsbeginn alle Werte gemessen, sondern das Aquarium beim kleinsten Algenanzeichen gesäubert. Es kann nichts mehr passieren, alles läuft super! Ich wollte bald den pH-Wert senken, bis ich bei einer Messung feststellte, dass der Calciumwert zu gering war. Das muss der Grund dafür sein, dass die Weichkoralle so blass ist!, dachte ich. Und wie ich es bei der Algenblüte schon gemacht habe, gab es für die Korallen also nochmal eine Extraportion Nährstoffe. Nur leider verbesserte sich der Zustand der Weichkoralle nicht, im Gegenteil; sie stieß ihr lebenswichtigen Symbiosepartner, die Zooxanthellen, ab (links ein gesunder Arm mit geöffneten Polypen). Solange sich das nicht änderte, konnte ich mit meinem eigentlichen Vorhaben nicht anfangen. Ich beriet mich mit Severin und fuhr nach Oldenburg, um von ihm konzentriertes Phosphat und Nitrat zu bekommen. Es könnte also sein, dass es gar nicht der Calciumwert, sondern der Phosphatwert war, der nicht passte. Auf ein Neues! Meine letzte Hoffnung, die Koralle zu retten waren zwei kleine Gläschen mit Phosphat und Nitrat. Ich habe also jeden Tag eine Menge davon hineingegeben. Dann geschah etwas, mit dem nicht gerechnet hatte: am Abend des 25.03. ging ich wieder in mein Zimmer, um das Fotosyntheselicht auszuschalten, so wie jeden Abend. Doch als ich mir die Weichkoralle anschaute, habe ich ganz große Augen gemacht und ich starrte sie sprachlos an. Warum? Weil sich ein zweiter, noch größerer Wurm um das Gestein schlängelte. Das war also der Übeltäter! Ich habe gezittert vor Wut auf diesen kleinen Fiesling und habe zu meinem vielversprechenden Werkzeug – der Pinzette – gegriffen, die Koralle aus dem Wasser geholt und versucht, den Wurm zu packen. Ob ich es wieder geschafft habe? Ein klares Jain, denn ich habe nur die hintere Hälfte entfernt, aus Versehen. Die vordere Hälfte wird bestimmt bald verkommen, jetzt habe ich alles geschafft. Ein weiterer falscher Gedanke, denn er lebte bald wieder und ich musste einsehen, dass es keinen Sinn hatte. Bis sich die Koralle erholt hätte und die Werte wieder stabilisiert hätten, hätte es noch Wochen gebraucht.

Ja, dann habe ich aufgegeben: ich wollte der Koralle das Leid nicht weiter antun. Anfang April bin ich also nach Oldenburg zu Aquadesign gefahren und musste die Korallen schweren Herzens abgeben, um sie zu retten. Ist mein Projekt also jetzt gescheitert? Nein, denn ich habe viel gelernt; wie man Nährstoffwerte misst, wie die Polypen von Korallen aussehen, was ein Borstenwurm ist und wie er sich verhält, wie sich Grünalgen verbreiten, welche Bedingungen es für einen Versuch braucht und, dass man manchmal aufgeben muss.

Sollte man ein Jugend-forscht-Projekt auch mal machen?

Ja, auf jeden Fall! Und man braucht dafür auch kein/-e Professor/-in sein oder ein Mathegenie sein – wirklich nicht! Ein wissenschaftliches Projekt scheint erst sehr abstrakt und unglaublich kompliziert. Ist es aber gar nicht, denn wenn man etwas unbedingt herausfinden will und Spaß daran hat, etwas auf eigene Faust zu lernen und zu organisieren, dann ist ein Jufo-Projekt geeignet. Und es muss auch gar nicht zu groß sein, man sollte klein anfangen und wenn man sich weiter dafür interessiert, dann wagt man sich an umfangreichere Projekte. Ich habe mein Projekt alleine gemacht, aber mein kann ein Projekt auch mit dem/der besten Freund/-in machen, dann macht es noch mehr Spaß!

Ich mache weiter und habe schon eine neue Idee, vielleicht wird es bald wieder einen Bericht von mir geben…

Dankeschön fürs Lesen und viel Spaß bei einem Jugend-forscht-Projekt! ?

Bericht und Fotos Freya Stromann

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