Jüdische Gruppen zur Zeit Jesu, eine evangelische Religionslehrerin und ein Hygieneplan

Lernen zu Hause. Aufgrund einer Tabelle mit den wichtigsten Haltungen/Unterschieden der Pharisäer, Sadduzäer, Zeloten und Essener sollten vom Religionskurs, Jg.12, Dialoge verfasst werden, in denen mindestens drei Vertreter jüdischer Gruppen zur Zeit Jesu zu Wort kommen. Aiko hat sich die Freiheit herausgenommen, den aktuellen Hygieneplan des Landes Niedersachsen mit einzuarbeiten und seine Religionslehrerin. Ob daraus eine gewisse Vorfreude auf den endlich wieder beginnenden Präsenzunterricht abzulesen ist, bleibt offen. Ein ebenso solides wie auch heiteres Ergebnis.

Jüdische Gruppen zur Zeit Jesu

Dialog zwischen einem Sadduzäer (Johannes Hyrkanos, reich), einem Pharisäer (Schammai, aggressiv, eingebildet), einem Essener (Abudi, liebevoll und arm) und einem Zeloten (Simon (Lk. 6,15; Räuber)

Es war wieder mal ein typischer Montagmorgen, an dem Frau Korte ihren am Wochenende gesammelten Eifer hemmungslos auf die Schüler loslässt und sofort in den Unterricht startet. Diesen Plan verfolgten aber nicht die vier Jungs aus der letzten Reihe. Sie entspannten sich und hielten ihre Gedanken dem Unterricht fern. Erst als die Lehrerin die Schüler tischweise in Kleingruppen einteilte, rüttelten die Jungs etwas auf. Der Arbeitsauftrag lautete: Befasst euch mit den Aussagen der Tora, dem Verhalten der Juden gegenüber den Römern und am wichtigsten, wie sie auf Jesus reagierten. So schoben die vier Jungs ihre beiden Tische gegenüber voneinander und fingen an zu diskutieren.

Johannes begann mit voller Überzeugung: Die Aussagen der Tora sollen einzig und allein so verstanden werden, wie sie auch geschrieben wurden. Weder aktualisierte Interpretationsweisen noch andere Worte treffen den Sinn der Heiligen Schrift.

Abudi stimmte Johannes mit Kopfnicken zu.

Schammai machte sich über Johannes lustig und erwiderte: Die Tora ist eine veraltete Schrift. Ohne Modernisierungen wäre sie kaum noch in unserem heutigen Alltag anzuwenden. Außerdem sind viele Sätze sowieso relativ unklar, weshalb es kein Problem sein sollte, dort etwas Auslegungsspielraum mit einzubringen.
Simon unterstütze Schammai in der Aussage und fügte noch hinzu: Die Tora kann man ohne Weiteres progressiv auslegen, aber es ist immer vor allem die Tatsache zu beachten, dass Gott, der Herr, derjenige war, der die Juden aus den Klauen Ägyptens befreite und sie zu einem freien Volk machte und das kann man in keiner Interpretationsweise auf der Welt missverstehen.

Die vier Jungs diskutierten wild weiter und steigerten dabei auch ihre Lautstärke, um den Vorredner zu überbieten. Frau Korte fiel dies auf und so begab sie sich zum Gruppentisch der letzten Reihe. Sie fragte, was denn los sei, dass sie sich so aufschaukeln würden.

Abudi drehte sich zu Frau Korte um und fragte: Die Tora ist fest geschrieben und trotzdem hat jeder von uns vieren gelernt, sie anders zu verstehen, wie kommt das?

Schammai warf sauer ein: Du meinst wohl eher, dass ihr sie falsch versteht!

Frau Korte: Keiner kann auch nur irgendwas falsch interpretieren, da die Deutung von Texten immer auf individuellen Erfahrungen und Beurteilungen beruht. Aber um auf dich zurückzukommen, Abudi, dies liegt teilweise an den Herkünften eurer Glaubensangehörigkeiten. So ist Johannes beispielsweise Sadduzäer. Diese jüdische Gruppe gehörte damals zum priesterlichen Hochadel und war relativ reich. Dafür waren sie aber auch sehr unbeliebt.

Simon schloss an die Worte von Frau Korte an und sagte: Ich bin Zelot und meine jüdische Glaubensgruppe bildete sich aus bewaffneten Widerstandskämpfern. Zwar kamen die meisten aus der Unterschicht, aber dafür besaßen sie einen großen Eifer.

Abudi: Ich bin Essener und nein, ich stamme nicht aus Essen. Meine Glaubensgruppe ist eine gesamtisrealitische Priester-Union, die schon immer eher weniger Anhänger hatte. Dafür ist unsere Gemeinde sehr fürsorglich und liebevoll und außerdem auch sehr fromm.

Schammai: Ich bin Pharisäer. Meine Glaubensgemeinschaft setzt sich schon seit Ewigkeiten vermehrt aus einfacheren Leuten zusammen. Allerdings besaßen wir damals ein sehr hohes Ansehen, welches sich aber leider immer mehr abgeschwächt hat.

Frau Korte: Nun Abudi, da hast du deine Antwort. Jeder von euch gehört zu einer anderen jüdischen Glaubensgruppe, die alle andere Ansichtsweisen haben. Da ihr das ja jetzt festgestellt habt, könnt ihr ja mit der Gruppenarbeit fortfahren. Und denkt dran, respektvoll mit dem Gegenüber umzugehen.

Johannes aber dachte gar nicht daran und war deutlich mehr an den Glaubensgruppen der anderen drei interessiert und fragte die andern daher: Wenn jeder von euch anders über die Tora unterrichtet wurde, dann habt ihr doch auch alle unterschiedliche Erwartungen und Hoffnungen die ihr aus den Schriften entnehmt, oder nicht? Ich z.B. glaube nicht an den ganzen Kram mit der Auferstehung und Co., aber laut meiner Gemeinde wäre es immer noch das Beste, wenn sich die politische Struktur zu einem nationalistischen Tempelstaat unter Führung der Priester entwickeln würde. Sie begründen dies auch immer mit der Tora.

Schammai: Ich glaube, da habt ihr die Tora wohl etwas fehlinterpretiert. Die Auferstehung gibt es, dafür aber nicht die Apokalypse. Das ganze Leben ist das Gottes Willen gestaltet, warum sollte er also jegliches Leben vernichten?

Abudi: Es tut mir Leid, Schammai, aber die Apokalypse wird stattfinden und die Verheißungen der Propheten werden eintreten.

Simon: Ein nationalistischer Staat, wie du es schon gesagt hast, Johannes, ist auch für uns erstrebenswert. Allerdings sollte dieser frei und nur von Gott bestimmt sein. Die Unterdrückung auf der Welt muss enden und solang bis der Messias auftaucht, müssen wir halt selbst dafür kämpfen.
Die vier werden wieder lauter und diskutieren wild umher mit der Überzeugung, dass nur ihre Hoffnung/Erwartung die richtige und wahre ist.

Erneut greift Frau Korte ein: Jungs es tut mir wirklich leid, aber für eure Exkurse haben wir wirklich keine Zeit mehr. Durch die Pandemie haben wir ohnehin nicht mehr viel Unterrichtszeit und da lasst uns die wenige Zeit doch bitte produktiv nutzen.
Die Jungs gehen auf die Worte von Frau Korte ein, auch mit dem Hintergedanken, dass sie sich sonst an die Gurgel gehen würden, und arbeiten an dem Arbeitsauftrag weiter.

Abudi: Jeder von uns hat gelernt, anders über bestimmte Dinge zu denken oder bestimmte Sachen zu verstehen. Lasst uns daher die Aussagen der anderen respektieren und zu einem schnellen Ergebnis kommen.

Simon: Dem stimme ich zu. Ich beginne dann mal mit meiner Meinung zu den Römern. Sie waren meiner Meinung nach ein Volk, welches niemals die Herrschaft hätte innehaben dürfen. Gegen sie haben auch schon meine Vorfahren mit Waffen protestiert.

Auch Schammai und Abudi sind den Römern abgeneigt, aber so aggressiv wie die Zeloten ist keiner ihrer Vorfahren vorgegangen, meinen sie.

Johannes: Ich kann eure Abneigung zwar verstehen, aber ist es nicht schlauer, mit ihnen zusammen zu arbeiten, statt gegen sie? Allein um Israels Bestand zu sichern. Gegen ihre militärische Gewalt war eh keiner von uns gerüstet gewesen.

Abudi: Bevor das jetzt wieder zum Streitthema wird, schlage ich vor, dass wir mit dem Verhältnis zu Jesus fortfahren.

Alle nicken und Schammai beginnt: Wir waren zu Jesus eigentlich immer recht freundlich und hilfsbereit. Er selber hatte auch viele Pharisäer als Freunde, aber als er anfing die Traditionen und vor allem die Reinheitsvorschriften zu kritisieren, wurde das Verhältnis mit Spannungen versehen. Am schlimmsten wurde es, als er einen gastfreundlichen Pharisäer, der ihn zum Essen eingeladen hatte, dafür kritisierte, dass er seine Hände vor dem Essen reinige, aber von innen doch so dreckig und heuchlerisch sei.

Johannes: Gerade wegen seiner großen Kritikfreudigkeit war Jesus auch bei uns nicht besonders beliebt. Viele wollten ihn aufgrund seiner Tempel- und Kultkritik sogar umbringen.

Simon: Für uns war Jesus der Messias, auch wenn er unsere Glaubensgemeinschaft ablehnte. So war beispielsweise mein Namensvetter einer seiner Jünger und auch Zelot.

Abudi: Bei uns galt Jesus noch nicht als Messias. Der Messias wird erst noch kommen. Aber eine große Übereinstimmung und Sympathie zu den Aussagen Jesu gibt es auch bei uns.

Mit diesem Satz ertönt auch schon die Stimme von Frau Korte, die zur Ergebnissammlung aufruft. Der anfängliche Eifer von Frau Korte musste nun wohl auch die Jungengruppe erreicht haben, die sich allesamt meldeten, um ihre Außensichtweisen vorzutragen. Gerade als Frau Korte dann einen der vier Jungs auslosen wollte, gongte es. Bekanntlich wurde inmitten der Diskussionen mal wieder die Zeit aus den Augen verloren und die Jungs mussten die Ergebniserstattung auf nächste Stunde vertagen. Dies bedeutete allerdings für niemanden einen Bruch, und so gingen alle friedlich, von Frau Korte angeführt, in ihren zugeteilten Pausenbereich.

(Aiko Saathoff)

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